Ob und in welcher Höhe ein Versicherungs- oder Bausparkassenvertreters bei seinem Ausscheiden einen Ausgleichsanspruch hat, hängt von zahlreichen Voraussetzungen ab, die in § 89 b HGB im Einzelnen geregelt sind.
Beendigung
Kündigt das Unternehmen ordentlich, bleibt der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bestehen. Bei einer ordentlichen Kündigung durch den Handelsvertreter entfällt der Ausgleichsanspruch. Ausnahme: Die Fortsetzung kann dem Handelsvertreter aus Gesundheits- oder Altersgründen nicht mehr zugemutet werden.
Wichtiger Grund
Sofern ein wichtiger Grund oder begründeter Anlass zur Kündigung für den Handelsvertreter vorliegt, bleibt der Ausgleichsanspruch ebenfalls erhalten. Gleiches gilt für den Fall der einvernehmlichen Aufhebung eines Vertrages. Kann allerdings das Unternehmen aus wichtigem Grund kündigen, entfällt der Ausgleich.
Bereits verdiente Provisionen
Der Ausgleichsanspruch des Versicherungs- und Bausparkassenvertreters tritt nach Vertragsbeendigung als Ersatz an die Stelle bereits verdienter Provisionsansprüche, denn durch die Vertragsbeendigung verliert der Versicherungs- und Bausparkassenvertreters bereits verdiente Provisionsansprüche, die durch seine Vermittlungstätigkeit bereits begründet aber noch nicht ausgezahlt wurden. Diese Verluste sollen mithin ausgeglichen werden. Während beim Warenvertreter die zukünftigen Vorteile aus dem vom Handelsvertreter aufgebauten Kundenstamm ausgeglichen werden sollen (Ausgleich für Folgegeschäfte).
Höchstgrenze
Deshalb liegt die in § 89b Abs. 5 HGB genannte Höchstgrenze (drei durchschnittliche Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen) auch höher als beim Warenvertreter. Der vorgenannte Höchstbetrag des § 89b Abs.5 HGB ist entgegen einem häufig vorkommenden Missverständnis kein feststehender Anspruch, sondern nur eine Begrenzung nach oben hin. Für die in § 89b Abs. 5 HGB genannte Höchstgrenze sind sämtliche Bruttoprovisionen maßgebend, die dem Versicherungsvertreter innerhalb der letzten fünf Tätigkeitsjahre zugeflossen sind.
Provisionsverluste
Nach der seit dem 5. August 2009 geltenden Fassung des § 89b HGB ist das Tatbestandsmerkmal der zukünftigen Provisionsverluste als zwingendes Tatbestandsmerkmal weggefallen. Damit könnte auch beim Versicherungsvertreter ein Ausgleich geschuldet sein, wenn nur eine Einmalprovision gewährt wurde und dennoch Vorteile für das vertretene Unternehmen nach Vertragsbeendigung entstehen.
„Grundsätze“
§ 89b HGB enthält keine Richtlinien darüber, wie die Höhe des Ausgleichsanspruchs im Einzelfall festgestellt und berechnet werden soll. Um überhaupt ermitteln zu können, ob und in welcher Höhe ein angemessener Ausgleich besteht, wurde von der Versicherungswirtschaft ein allgemeiner Berechnungsmodus, nämlich die so genannten „Grundsätze“, entwickelt. Es gibt die „Grundsätze –Sach-, -Leben und –Kranken“ sowie „Grundsätze für den Bausparbereich“. Die Grundsätze sind rechtlich nicht verbindlich, sie sind aber als Handelsbrauch anerkannt und werden oft bei der Urteilsfindung als Grundlage für eine Schätzung herangezogen.
Billigkeitsaspekte
Daneben können weitere andere Umstände unter Billigkeitsaspekten die Höhe des Ausgleichs beeinflussen (z. B. eine vom vertretenen Unternehmen für den Handelsvertreter finanzierte Altersversorgung oder die wirtschaftliche Lage).
Beweislast
Häufig wird der Ausgleich von den Versicherungsunternehmen berechnet. Nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts trägt jedoch grundsätzlich der Handelsvertreter die Beweislast für die ausgleichsbegründeten Tatsachen. Die Berechnung erfolgt nach den „Grundsätzen“ über Bestandswerte und Faktoren. Es empfiehlt sich unter Umständen eine Alternativberechnung nach den Anspruchs-voraussetzungen des § 89b Abs. 1 HGB, auch im Hinblick auf die oben erwähnte Neufassung des §89b HGB.